Karl
2017 haben wir Karl als Straßenhund in einem kleinen Dorf in Chile kennengelernt. Plan war damals, ihn mit auf die Farm zu nehmen, auf der wir einige Zeit gearbeitet haben. Er sollte dort auf einem riesigen Gelände mit Schweinen, Pferden und Menschen wohnen. Nach einiger Zeit wollten wir weiterreisen. Die Betreiber der Farm teilten uns dann mit, dass Karl, sobald der Winter einbricht, zurück auf die Straße in dem kleinen Dorf muss. Das war uns vorher nicht bewusst und zerbrach unser Herz. Karl hatte sich mittlerweile schon an den Ort und die Menschen gewöhnt. Trotzdem war er nicht zu allen freundlich und der Ein- oder Andere wurde bei Einschränkung seiner Individualdistanz angegangen. Also entschlossen wir, jung und naiv wie wir waren, Karl mit nach Deutschland zu nehmen. Viel Bürokratie, Tierarztbesuche und Organisation später, lebten wir mit Karl zusammen in Köln. Schon nach einiger Zeit merkten wir, dass die Umstellung und die sozialen Strukturen der Großstadt für Karl viel waren.
Er ging Menschen an und auch der Kontakt zu Hunden war sehr schwierig. Jeder Hund, der an uns vorbei ging, wurde angefallen, immer wieder kam es zu bissigen Auseinandersetzungen. Nach einigen Monaten gingen wir das erste Mal zu einem Hundetrainer, der mit viel Dominanz und Schmerzen versucht hat, Karl zu zeigen, wer hier das Sagen hat - mit wenig Erfolg. Im Alltag war keine wirkliche Besserung zu merken, außer wenn wir Karl stark einschränkten.
2018 zogen wir nach Berlin und kamen dort schnell mit einer sehr kompetenten Hundetrainerin in Kontakt. Aber auch hier gab es wieder einen Anlass. Mit der neuen Hundetrainerin kamen wir gut voran. Ihre Methoden waren weniger brutal und Karl zeigte sich, vor allem mit anderen Hunden, unter der neu gelernten Führung entspannter und sozialer. Zu diesem Zeitpunkt trug er draußen jedoch schon immer Maulkorb. Das wöchentliche Hundetraining über circa ein Jahr brachte einen deutlich entspannteren Alltag.
Trotzdem gab es immer wieder Situationen, in denen Karl sich eingeengt gefühlt hat und dann versucht hat, Menschen und andere Hunde zu beißen.
Mit der Zeit lernten wir aber natürlich Karl immer besser kennen, lernten es die Situationen zu vermeiden, in denen er sich gestresst fühlt und die Zwischenfälle wurden seltener. Für uns hieß das aber natürlich eine starke Einschränkung in unserem Leben; für Karl hieß es weniger Kontakt zu Hunden, zu Menschen, viel Zeit in der Wohnung. Sein Bewegungsdrang war nie riesig groß, aber trotzdem auch für ihn keine opemalen Lebensbedingungen.
Mittlerweile leben wir wieder in Köln in einer schönen großen Wohnung (allerdings im 4.OG ohne Aufzug), in der sich Karl sehr wohl fühlt.
Er wird auf circa 10 oder 11 Jahre geschätzt, seine Gelenke und sein schwerer Körper haben Spuren hinterlassen... Er läuft maximal 30 Minuten noch in normalem Tempo, danach nur noch langsam und schmerzhaft. Er hatte bereits eine größere Operation an der Schulter hinter sich, welche leider nur wenig Verbesserung zur Folge hatte.
Er hat einige gesundheitliche Einschränkungen, wie alte Bandscheibenvorfälle im Hals- und
Lendenwirbelbereich, OP wegen Verkalkung in Bizepssehne 2019 vorne links mit bleibender Lahmheit vorne links, ggf. Arthrose. Er bekommt Schmerzmittel bei Bedarf (z.B. Librela 30mg).
Im Januar 2023 wurde Frederike ungeplant schwanger. Somit rollte auf uns eine neue Entscheidung zu. Wir haben uns damals dafür entschieden, unter der Prämisse, dass Karl und das Baby nie allein sein dürfen, Karl immer Abstand halten muss. Wir haben sogar ein Zimmer in unserer Wohnung nur für Karl eingerichtet und eine Art Gittertür gebaut, sodass er dort sein kann und trotzdem mitbekommt, was in der Wohnung sonst passiert.
Nach mittlerweile 4 Monaten müssen wir feststellen, dass es so nicht weitergehen kann. Anfangs war Karl zwar interessiert am Kind, beachtete es aber schnell nicht mehr viel. Nach einiger Zeit wurde er dann fordernder und reagierte mehr auf Geräusche und Bewegungen des Kindes, bis hin zum Anknurren. Zudem muss Karl nun mehr Zeit in besagtem Zimmer verbringen. Das Kind wird in den nächsten Monaten deutlich mobiler, wird selbstständiger,
Wir fühlen uns nicht gewachsen, um die Sicherheit von unserem Säugling gewährleisten zu können. Wir können diese Verantwortung nicht mehr tragen.
Daher haben wir uns nun entschieden, für Karl ein neues Zuhause zu finden. Ein Zuhause nahe der Natur mit anderen Hunden, wo er sich vielleicht in ein Rudel einordnen kann und 2- 3 Jahre noch ein entspanntes Leben haben kann. Es zerreißt unser Herz, aber wir sind uns sicher, dass es für alle das Beste ist, vor allem für ihn jetzt im Alter wieder freier und ebenerdiger zu leben.
Es floss unglaublich viel Arbeit, Zeit, Energie und Liebe in unseren Karl - müssen wir uns an dieser Stelle aber eingestehen, dass wir Karls und unsere Bedürfnisse nicht mehr überein bringen.
Wir hoffen, wir müssen nicht erwähnen, wie traurig wir über diese Entscheidung sind und dass Sie unsere Situation nachvollziehen können. Wir hoffen auf erfahrene Menschen, die einen Altersruhesitz auf dem Land für Karl haben.
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(kastriert)