Nasha
Aller guten Dinge sind 3 - Pladoyer für einen (oder auch mehrere ;-) HSH aus 2. Hand -
Als wir uns für die Anschaffung eines Hundes entschieden, stand von Anfang an fest, ein Hund aus dem Tierschutz sollte es sein. Jung, sportlich unkompliziert. Das, was alle wollen eben. Tatsächlich fanden wir schnell einen solchen. Die vier Monate alte Schäferhundmischlingshündin Mara zog bei uns ein. Sie wickelte uns schnell um die Pfote, machte ihre Flegelphase bei uns durch und war insgesamt ein freundlicher gutgelaunter unkomplizierter Hund.
Ein Jahr später suchten wir zum Tag der offenen Tür erneut das Tierheim Köln- Dellbrück auf. Natürlich kamen wir nicht umhin, uns auch die dort lebenden Vermittlungstiere anzusehen. Dabei fiel mir eine große graue Hündin auf. Obwohl sie schon etwas ab vom Schuss in einem der hinteren Zwinger untergebracht war, war sie sichtlich gestresst. vorbeikommende Besucher, die es wagten, vor ihrem Käfig stehen zu bleiben, wurden knurrend und unter heftigem Totschütteln ihrer Decke „abgewehrt“. Dieser Hund war ganz offensichtlich todunglücklich. Ich setzte mich ruhig vor den Käfig und wartete ab. Irgendwann zog Suki sich in die hinterste Ecke ihres Käfigs zurück. Da war es schon um mich geschehen. Mir war klar: sie musste hier raus. Wir verabredeten einen Kennenlern-Termin mit dem Tierheimleiter Herrn Schinzel.
Suki war eine damals zweijährige Sarpaninac-Hündin, ein Fundhund aus Ungarn, der aus dem Partnertierheim nach Köln verbracht worden war und nunmehr schon seit einem Jahr in Tierheimobhut war. Von der Hunderasse hatte ich noch nie etwas gehört. Viel gesehen hatte sie in ihrem jungen Leben offenbar noch nicht. Menschen gegenüber war sie äußerst misstrauisch. Es gab nur einen Pfleger im Tierheim, der sie an die Leine nehmen und mit ihr Gassi gehen konnte. „Wollen Sie sich das wirklich antun?“, fragte Herr Schinzel. Wir wollten. Es folgten mehrere Besuche im Tierheim, in denen Suki vorsichtig mit Mara zusammengebracht wurde. Zum Glück verstanden die beiden Hündinnen sich prächtig. Mehrere Wochen später war es dann so weit. Suki wurde von „ihrem“ Pfleger zu uns nach Hause gebracht. Da saß sie nun in der dunkelsten Ecke unseres Wohnzimmers und traute sich nicht von der Stelle.
Ich setzte mich neben sie und nach einiger Zeit war es so weit, dass ich sie wenigstens zum Anleinen anfassen durfte. Die ersten Spaziergänge waren kurz. Schon den Hausflur zu betreten war ein Ding der Unmöglichkeit. Wir führten sie über die Terrasse in den Garten. Mit eingezogenem Schwanz schlich sie hinter uns her und zuckte bei jeder Begegnung zusammen.
Doch Geduld und Ruhe bewirkten eine wundersame Verwandlung. Ein Jahr später ist aus Suki eine selbstbewusste und ausgesprochen anhängliche Hündin geworden, die auf Spaziergängen mit nach oben gekringelter Rute vor uns her läuft, ihre Streicheleinheiten einfordert und den Umgang mit vertrauten Menschen genießt.
Ihren Heldenorden hat sie sich damit verdient, als sie neulich beim Tierarzt wegen einer Schulterverletzung geröngt werden musste. Ohne Sedierung und ohne Maulkorb ließ sie sich von mir auf dem Röntgentisch ablegen und wartete brav bis alles erledigt war.
Suki an ihrem Lieblings-Rückzugsort:
Gut dass ich viel zu beschäftigt damit war, Suki zu einem „normalen“ Hund zu machen. So hatte ich kaum Zeit mich über Herdenschutzhunde im Allgemeinen und die Rasse Sarplaninac im Besonderen schlau zu machen. Irgendwann erwachte aber doch die Neugier und ich begann im Internet zu recherchieren. Ich fand die erstaunlichsten Dinge – darunter auch den Rat, bloß keinen Herdenschutzhund aus dem Tierheim zu adoptieren. Viel zu gefährlich! Aha sagte ich und kraulte Suki, die ihren Kopf auf meinem Schoß platziert hatte, hinter dem Ohr. Mal sehen, ob wir nicht jemand finden, der sich mit euch wirklich auskennt.
So gerieten wir an eine Vortagsveranstaltung über Herdenschutzhunde mit Mirjam Cordt, DOG-InForm und Leiterin des Vereins Tier und Mensch – Hilfe für Herdenschutzhunde e.V. Mit gespannter Erwartung gingen wir zu dem Tagesseminar.
Mirjam stellte diverse Herdenschutzhundrassen vor, gespickt mit umfangreichem Bildmaterial. Darunter war auch eine pechschwarze, eher klein gewachsene Hündin der Rasse Aidi. „Sie ist jetzt schon seit 8 Jahren bei uns und sucht ein Zuhause!“, erwähnte Mirjam. „Keiner will sie haben.“
„Versteh ich nicht“, meinte mein Mann.
„Soll ich sie mal fragen?“, erwiderte ich.
In der Mittagspause sprachen wir sie an. Wenig später machten wir uns mit Suki und Mara „im Gepäck“ auf den Weg nach Erbes-Büdesheim.
Wieder hatten die Hunde das letzte Wort. Die Zusammenführung unserer beiden inzwischen dreijährigen Jungspunde mit der 11 Jahre alten Hundedame klappte problemlos und kurz vor Weihnachten zog Nashi bei uns ein. Im Gegensatz zu Suki betrat hier eine äußerst selbstbewusste Dame ihr neues Heim, belegte ihren extra für sie angeschafften Hundekorb mit Beschlag und musterte uns skeptischen Blickes. Begeistert war und ist sie über unseren großen Garten. Bei jedem Wetter liegt sie am liebsten am Zaun und beobachtet die vorbeiziehende Welt.
Ruft man sie ins Haus, so kommt sie schleppenden Schrittes und vorwurfsvollen Blickes angeschlichen, als wolle sie sagen „Wie könnt ihr mir armer alter Hündin ihre letzte Freude rauben?“ Es gibt nur eine Möglichkeit sie zu beschleunigen – das Codewort „Nashi, Essen!“. Da kann auch eine 12 Jahre alte Hundedame plötzlich ganz schnell flitzen.
Wenn die beiden „Großen“ toben spielt sie allerdings lieber den Wächter und behält inzwischen die Umgebung im Auge.
Nashi hat auch die Spielregeln für Spaziergänge ihren Bedürfnissen angepasst. Ausgiebiges Wälzen darf z. B. nicht fehlen:
Entgegen anderslautenden Gerüchten sind wir nicht sozial vereinsamt – im Gegenteil. Spaziergänge mit anderen Hundefreunden haben unsere Kontakte zur Nachbarschaft total erweitert. Die 3 Hündinnen verstehen sich untereinander und mit fremden Hunden ausgezeichnet. Sogar Nashi lässt sich vom Lieblingsnachbarrüden Dr. Watson zu einem Spielchen animieren (Sie bevorzugt anscheinend Akademiker ;-) )
Und beim Beobachten unseres kleinen Rudels aus drei faszinierenden Hundepersönlichkeiten lernen wir jeden Tag etwas dazu.
Astrid Pabst
Der Umzug in ihre neue Familie war am 21.12.2012. Daran kann man gut sehen, wie der Maya-Kalender falsch interpretiert wurde: es ging an diesem Tag nicht die Welt unter, sondern es brach eine neue Ära an :-) Nach 8 Jahren in der Obhut der HSH-Hilfe e.V. hat diese unglaublich faszinierende Hundepersönlichkeit Menschen gefunden, die wie wir in ihr sofort das Besondere sahen. Und nun geht Nasha mit zwei weiteren Hundemädels und etlichen Pferden und zwei wundervollen Menschen in ihren neuen Lebensabschnitt.
Unser Vermittlungstext
Majestät Nasha - unsere Prinzessin!
Nasha zeigt sich als ausgesprochen sichere und selbstbewusste Hündin mit allen HSH-typischen Attributen. Klein, aber oho! So unscheinbar sie auf den ersten Blick wirkt, ist sie aber wenn es darauf ankommt in voller Größe da und beeindruckt Mensch und Hund, unabhängig davon, ob die eine gutes Stück größer sind als sie.
Majestät erzieht zum höflichen Benehmen: Druck verbietet sie sich, genauso wie eine herrische Ansage - in dem Ton lässt sie schon garnicht mit sich reden oder sich zu einer vom Menschen gewünschten Handlung hinreißen.
Sie versteht sich mit Rüden und den meisten Hündinnen, bei denen die "Freundschaft" davon abhängt, ob bereitwillig der Prinzessin gehuldigt wird.
Mit ihren Menschen ist sie sehr verschmust und zärtlich, fremden Menschen begegnet sie auf neutralem Gelände uninteressiert. Das neue Zuhause sollte konsequent, aber liebevoll ihr weiter die Regeln für ein harmonisches Miteinander aufzeigen, ohne in den leidigen und untauglichen Modus "der Mensch muß aus allem als Sieger herausgehen" zu verfallen.
Infos
(kastriert)